I. Die unnötigste Anschaffung in diesem Jahr war mein analoger Terminkalender.
Seine Seiten sind so oft durchgestrichen und überschrieben, dass ich mittlerweile fast nichts mehr erkennen kann.
Ich hatte geplant, was das Zeug hergibt.
Meine Termine reichten Anfang des Jahres bereits bis in 2022.
Wer hätte im Januar geahnt, was schon ein paar Wochen später kommen würde?
Auf Sicht fahren und das Leben nur bis zum nächsten Schritt planen.
Weil - sei ehrlich - mehr hast du nicht in der Hand.
Solange alles zu war, war es für mich eindeutig:
Es geht einfach nichts. Irgendwann fand ich´s ok.
Aber jetzt? Zum jetzigen Zeitpunkt frage ich mich schon:
Wie weit reicht unsre Sicht?
Und ich finde es anstrengend, weil dieser dicke Nebel umherwabert:
Das, was mir die Sicht nimmt und mich unsicher macht, ist mal da und dann wieder weg. Mal kann ich weit schauen, fast als ob nichts wär. Und die Lockerungen verstärken mir den Eindruck.
Und dann gibt es Situationen, da sehe ich nicht mal die Hand vor dem Gesicht.
Wie kann ich, wie können wir da unterwegs sein?
Im Alltag, im eigenen Leben, mit der Familie, in der Schule und Arbeit, wir als Gemeinde …
Ich würde diese Unsicherheiten gerne in Gottes Hand legen. Aber ich bleibe immer wieder bei den Fragen hängen.
II. Es ist lange her.
Aber solche Fragen hatten auch die Israeliten.
Die hatten ihren Lockdown am Berg Sinai.
Dort haben sie ihre Zelte aufgeschlagen und sich eingerichtet im Warten.
Derweil konnten sie sich drauf verlassen, dass Mose ihnen immer wieder von Gott ausrichtet, was es zu sagen gab. Wie antike Pressekonferenzen hat er abgehalten.
Und er hat Regeln fürs Zusammenleben mitgebracht. Eine ganze Liste mit genausten Bestimmungen.
Ähnlich unsrer Liste mit den aktuellen Regeln für den Gottesdienst.
Und dann sollte die Reise weiter gehen.
Aber die Menschen waren verunsichert: Was kommt da auf uns zu? Wie weit reicht die Sicht? Und Gott, bleibt der jetzt hier am Berg? Wo und wie werden wir was von ihm erfahren, wenn wir jetzt weitergehen?
Da redete der Herr mit Mose und sprach:
„Wenn ihr die Menschen segnet,
dann sollt ihr dieses sagen:
Der Herr segne dich und behüte dich.
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir
und sei dir gnädig.
Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich
und gebe dir Frieden.
Mit diesen Worten sollt ihr meinen Namen
auf die Menschen legen. Und ich will sie segnen.“
III. So klingt Gottes Sicht auf unsre Fragen.
Damals, und heute noch genau so.
Er sagt: "Ich will mit meinem Gesicht auf euch schauen, dass keines verloren geht auf dem Weg. Ich will euch segnen und euch Frieden ins Herz legen."
Meine eigene Sicht, die reicht jetzt im Moment bis zum Ende von diesem Gottesdienst. Nur bis dahin. Aber das macht nichts. Weil am Ende vom Gottesdienst, da kommt der Segen.
Und da sagt Gott zu dir und zu mir: "Für alles, was danach kommt, gebe ich dir mein Versprechen: Du wirst nicht allein sein. Ich, dein Gott, gehe mit."
Alles, was hinter meiner Sicht liegt, das ist ja das, was ich nicht planen kann, was ich nicht in der Hand hab. Und das mich nach den Erfahrungen der letzten Wochen unsicher macht.
Leben auf Sicht zählt nur kurze Zeit. Vielleicht nur ein Heute.
Aber da ist Gottes Sicht. Und die heißt: Er sieht auf dich und mich.
Und sagt: "Ich zeichne dich mit meinem Segen.
Du gehst mir nicht verloren, was auch immer passiert.
Und wenn´s hart auf hart kommt, bin ich selber der Weg.
Und die Wahrheit und das Leben."
Dort, wo du unsicher bist, dort wartet Gott mit freundlichem Blick auf dich. Dort reicht er dir seine Hand. Du kannst alles reinlegen. Und er gibt dir Frieden ins Herz. Amen.
Commentaires